Christian Kayser, Johannes Hultz und der Nordturm des Strassburger Münsters

Image1Im letzten Vortrag der Saison 2016-2017 des Straßburger Münstervereins sprach der Münchner Architekt und Bauforscher Christian Kayser am Mittwoch dem 15. März vor einem sehr zahlreichen Publikum über seine bauarchäologische Untersuchung des Nordturms des Straßburger Münsters und seine Neubewertung der Rolle des Architekten Johannes Hültz. Nach einer ausführlichen Bestandsaufnahme der Besonderheiten dieses in vielfacher Hinsicht außergewöhnlichen Bauteils, ging er in einem zweiten Teil auf z.T. noch offene Fragen zur Baugeschichte und zu den beteiligten Architekten ein.

Bautechnisch gesehen besteht der Turm aus einer niedrigen quadratischen Sockelzone (aufbauend auf der Plattform des Fassadenblocks), aus einem zweistöckigen oktogonalen Aufbau, begleitet von vier je unterschiedlich gestalteten Treppentürmchen, die durch kleine Brücken mit der das Oktogon im oberen Teil des niedrigeren zweiten Stocks umlaufenden Terrasse verbunden sind, aus dem pyramidalen Turmhelm, bestehend aus trapezförmigen Maßwerkfeldern zwischen acht Pfeilern, auf denen sich Treppen S-förmig hochschlängeln, und schließlich aus der hohen Laterne, die auf mittlerer Höhe von einem Laufgang mit Balustrade umrundet wird und über weitere Treppen bis hin zu ihrer Spitze zugänglich ist.

Die Zugänglichkeit aller Teile des Turms ist hervorragend, z.B. auch durch die im unteren Oktogonstockwerk innen vorgesehenen Kragsteine für ein Zwischengerüst. Von unten weitgehend unsichtbare Bauteile wie das spektakuläre Luftrippengewölbe der Decke des unteren Oktogons sind sehr reich gestaltet, auch die Maßwerkornamentierung, die die tragende Struktur besonders des Helms z.T. verschleiern.

Besondere Betonung legte der Redner auf die fundamentale Bedeutung der eisernen Verbindungsstangen und Klammern, ohne die ein solches Bauwerk in Rekordhöhe nicht hätte errichtet werden können, und davon ausgehen die wichtige Rolle der Schmiede sowie der Zimmerleute – neben Stararchitekten wie Ulrich von Ensingen und Johannes Hültz, die überaus komplizierte geometrische Aufgaben zu bewältigen hatten (z.B. bei den in die Blöcke der Turmhelmpfeiler eingearbeiteten Stufen).

Im Vergleich zu anderen gleichzeitig im Heiligen Römischen Reich entstandenen, herausragenden Bauwerken, besonders Köln und Prag, nimmt Straßburg eine Sonderstellung ein, indem Ideen von verschiedenen Bauhütten, ausgehend von dem Vorbild des Freiburger Turmhelms ein Jahrhundert zuvor, kombiniert werden zu einer einmaligen Lösung.

Sabine Mohr

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