Ein Besuch in Molsheim und Schlettstadt am Samstag, den 13. April 2018


Der Tag begann mit einer Führung im Kartäuserkloster von Molsheim, die Raymond Keller leitete. Die Kartäuser siedelten sich schon 1598 in Molsheim an, eine Stadt, die dem Bischof von Straßburg zugeordnet war und gründeten dort ein großes Kloster in der Nähe der Stadtmauer. Die unterschiedlichen Klostergebäude waren um die Kirche herum angeordnet. Insgesamt 18 individuelle Klosterzellen waren um einen Kreuzgang verteilt, dessen Glasfenster Laurent und Barthélémy Linck zu verdanken sind. Jede Zelle bestand aus drei Räumen und einem kleinen Garten, sodass sich jeder Kartäusermönch von der Welt abschotten konnte. Kartäusermönche waren zwar vor allem geistig tätig, verrichteten jedoch auch körperliche Arbeit. Entsprechend konnte sich jeder Mönch ein Handwerk aussuchen und richtete sich eine Werkstatt in einem seiner drei Räume ein. Das Kloster wurde während der Revolution größtenteils zerstört. Heute bemühen sich der von Louis Schaefli gegründete Verein „Bénévoles du Chantier de la Chartreuse“ (Ehrenamtliche der Kartäuserkloster-Baustelle) und die Stadt Molsheim um die Restaurierung des Klosters. Durch Spenden und Ankäufe konnten einige der Zellen wiederaufgebaut und eingerichtet werden. Diese Zellen geben Einblicke in das, was man vom Alltag des Klosters weiß, sowie in unterschiedliche Themen wie Bibliothek, Handwerk/Handarbeit und dergleichen.

Den Vormittag haben wir mit einem Besuch der Humanistenbibliothek in Schlettstadt ausklingen lassen. Wir wurden von Gabriel Braeuner und Marion geführt. Diese Bibliothek entstand in Zusammenhang mit der Lateinschule. Wichtige Vertreter des Humanismus im 15. Jahrhundert unterrichteten in dieser Lateinschule und setzten dabei innovative pädagogische Methoden ein. In dieser Zeit wurden mehrere Werke und Sammlungen zusammengetragen – unter den ersten Schenkungen befanden sich die Sammlungen von Johannes von Westhuss und Beatus Rhenanus, die den Grundstock der Bibliothek bildeten. Beatus Rhenanus hatte seine private Bibliothek mit Werken in unterschiedlichen Sprachen sowie ein Heft mit eigenen Eintragungen aus seiner gesamten Studienzeit seiner Heimatstadt vermacht. Im 19. Jahrhundert wurde der Bestand der Bibliothek in das von Gustave Klotz errichtete Gebäude eines ehemaligen Kornlagers verlegt. So fungierte die Bibliothek auch als eine Art Museum, da einige der besonders herausragenden Werke ausgestellt wurden. Im Jahr 2014 nimmt das Vorhaben einer Neugestaltung der Humanistenbibliothek konkrete Konturen an. Der Umbau wurde Rudy Ricciotti anvertraut, dem Architekten des MUCEM in Marseille. Sein Entwurf verbindet die Durchsichtigkeit des Glases mit dem lokalen Baumaterial, dem rosa Sandstein. Die neue Bibliothek versteht sich einerseits als Ort der Wissenschaft, in dem Forscher direkt mit den Beständen arbeiten können. Sie versteht sich andererseits auch als Ort der Vermittlung, in dem bestimmte Werke und Objekte dauerhaft ausgestellt werden und interaktive Stationen zum Mitmachen einladen.

Am Nachmittag führte uns Camille Demange durch die Kirchen St. Fides (Sainte-Foy) und St. Georg (Saint-Georges) von Schlettstadt. Die heutige St.-Fides-Kirche steht an der Stelle einer von Hildegard von Schlettstadt gegründeten Kirche, die dem Saint-Sépulcre (Grabeskirche) gewidmet war. Von diesem ersten Gebäude sind Teile der Vorhalle und die Krypta erhalten. Die Kirche wurde 1094 der Abtei von Conques geschenkt, möglicherweise im Anschluss an eine Pilgerfahrt. Die Kirche wurde im romanischen Stil zwischen 1152 und 1190 neu gebaut und erhielt eine neue Widmung. Unter der Schirmherrschaft der Hohenstaufen wurde der St.-Fides-Kirche die Aufgabe erteilt, für Schlettstadt das Recht zuzusprechen, womit sie in Konkurrenz mit der Pfarrgemeinde stand. Als Schlettstadt 1217 die Stadtrechte erhielt, verringerte sich der Einfluss der Abtei von Conques und die Bauaurbeiten zur Errichtung einer neuen Kirche für die Pfarrgemeinde begannen. Diese St.-Georg-Kirche ersetzte ein rundes Gebäude, das meistens – allerdings ohne jeglichen Nachweis – als die Pfalzkapelle gilt, in der Karl der Große die Weihnachtsfeierlichkeiten im Jahre 775 abhielt. Längs- und Querschiff wurden im 13. Jahrhundert errichtet und gehören zu den ersten Beispielen des gotischen Stiles im Elsass. Das Westwerk wurde im 14., der Turm im 15. Jahrhundert erbaut. Um 1400 wurde der aus dem 13. Jahrhundert stammende Chor durch einen von den Baumeistern Mathis und Erhart Kindelin entworfenen, größeren Chor ersetzt. Beide Kirchen wurden im 19. Jahrhundert restauriert. Dabei wurden neue Tympana von Emile Sichler eingebaut, Polychromie in den Kapellen angebracht und der Chor sowie die Krypta von St. Georg vom Architekten Antoine Ringeisen neu eingerichtet.

Camille Demange
Überstez. : Stéphanie Winzerith

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