Vor die mittelalterlichen Zeichnungen

Am 22. März konnten 15 Mitglieder des Münstervereins einer Führung im Museum Œuvre Notre-Dame lauschen. J.D. Touchais, Kurator, gab Erläuterungen zu den Architekturzeichnungen des Münsters.

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Der Besuch begann mit den Erklärungen zu den drei aktuell ausgestellten Zeichnungen. Um die Sammlung der sehr lichtempfindlichen Zeichnungen bestmöglichst zu erhalten, können letztere nur im Turnus für eine relativ kurze Zeit ausgestellt werden. Entsprechend selten ist es, sie im Original betrachten zu können. Herr Touchais ging mehrmals von einer Zeichnung zur anderen, zeigte Ähnlichkeiten auf, wies auf Unterschiede hin und beantwortete die zahlreichen Fragen, die immerfort von den aufmerksamen Zuhörern gestellt wurden.

Er zeigte die Darstellung in Grund- und Aufriss der Kanzel des Münsters, die auf einem zweiteiligen Pergament aufgezeichnet wurden. Zwar ist der kleine Hund nicht zu sehen, dafür ist das Zeichen Hans Hammers deutlich erkennbar. Beim Vergleich zwischen diesem Entwurf und der eigentlich realisierten Kanzel wird deutlich, dass die Steinmetze und Bildhauer doch über eine recht große Freiheit in der Umsetzung der Entwürfe verfügten.

Der Aufriss des Laurentiusportals stammt aus der Hand des Jakob von Landshut, der es auch 1494 bis 1503 in Stein umsetzte. Das Portal entzieht sich gerade aller Blicke, denn es wird momentan restauriert und steht hinter einem blickdichten Bauzaun. Man beachte dennoch: Hier bestehen ebenfalls Unterschiede zwischen der Zeichnung und ihrer Verwirklichung, denn einige der vorgesehenen Statuen wurden nie gehauen. Die linke Seite scheint feiner ausgearbeitet zu sein als ihr rechtes Pendant, wobei der Hl. Laurentius gleich zwei Mal mit seinem Attribut abgebildet ist, mal auf dem Grill, mal daneben.

Hinter einem schützenden Vorhang wartet ein weiteres Werk darauf, den bewundernden Blicken der Betrachter enthüllt zu werden. Die Freihand-Rötelzeichnung stellt den Aufriss eines Tabernakels dar und gilt mehr als Skizze denn als eigentliche Architekturzeichnung. Doch ist der Tabernakel sehr schön und detailreich gezeichnet – man erkennt einen Violine spielenden Engel auf der linken Seite. Möglicherweise könnte dies der Tabernakel der Georgenkirche in Hagenau sein, möglicherweise könnte die Skizze aus der Hand eines vermuteten Sohnes von Hans Hammer stammen.

Anschließend führte Herr Touchais die Gruppe in den Ausstellungsraum im Dachgeschoss des Museums. Dort zeigte er das Musterbuch (Faksimile) von Hammer und gab Erklärungen über weitere Risse der Sammlung, die digitalisiert auf dem Bildschirm zu sehen sind. Bereitwillig beantwortete er die vielen Fragen seiner Zuhörer, was die sehr wissbegierige Gruppe der Münsterfreunde mit Begeisterung aufnahm.

Fazit: es war ein Musterbeispiel einer gelungenen Museumsführung.

Francis Klakocer
Übersetzung: Stéphanie Wintzerith
Ill.: Musées de Strasbourg / M. Bertola

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